Haarausfall durch Kreatin?
Dieser Artikel wird durch 3 Studien/Publikationen verifiziert.
Immer wieder liest man davon, dass Kreatin-Nutzer nach der Einnahme des Stoffes über kurz oder lang vermehrten Haarausfall feststellen. Lange Zeit gab es keine stichhaltigen Beweise für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Kreatineinnahme und Haarausfall. Die persönlichen Eindrücke wurden oftmals mit härterem Training und damit verbundener Hormonausschüttung begründet.
Eine Studie aus dem Jahr 2009[1] legt jedoch nahe, dass es tatsächlich einen ursächlichen Zusammenhang geben könnte und Kreatin indirekt für vermehrten Haarausfall verantwortlich ist.
Inhalt in Kürze zusammengefasst
- Haarausfall durch Kreatin? Ja, möglicherweise – eine Studie erklärt einen möglichen Zusammenhang zwischen Kreatineinnahme und Haarausfall.
- Weitere Studien, die das Ergebnis reproduzieren konnten, gibt es derzeit nicht.
- Der Haarausfall wird nicht direkt durch Kreatin ausgelöst, sondern durch ein verändertes hormonelles Verhältnis zugunsten von DHT.
- Anfällig können Männer mit erblich bedingtem Haarausfall oder der genetischen Veranlagung dazu sein.
Studie: Kreatin verändert hormonelles Verhältnis zugunsten von Haarausfall
An einem Sportinstitut in Südafrika wurden die Hormonwerte von 20 freiwilligen Rugbyspielern über einen Zeitraum von 3 Wochen kontrolliert.
7 Tage lang bekamen die Studienteilnehmer entweder 25 Gramm Kreatin und 25 Gramm Glukose pro Tag oder als Placebo nur 50 Gramm Glukose. Nach der ersten Woche wurde eine Erhaltungsdosis von 5 Gramm Kreatin und 25 Gramm Glukose eingenommen bzw. 30 Gramm Glukose als Placebo.
Die Testosteron- und DHT-Werte im Blut wurden zu Beginn, nach 7 Tagen und nach 21 Tagen gemessen. Der Testosteronspiegel im Blutserum hat sich dabei nicht verändert, allerdings stieg der DHT-Spiegel nach 7 Tagen um 56 Prozent an und blieb während der Erhaltungsdosis um 40 Prozent über dem Ausgangswert. Das DHT:T-Verhältnis stieg nach 7 Tagen um 36 Prozent und blieb während der Erhaltungsdosis um 22 Prozent erhöht.
Offene Fragen zur Studie
Die Studienergebnisse sprechen eine klare Sprache, allerdings bleiben doch einige Fragen offen. In einem Kommentar hat Gary Green von der UCLA einen Kommentar als Reaktion veröffentlicht.[2]
Die Frage nach der Herkunft des Kreatin-Supplements und der vorangegangenen Testung ist ohne Zweifel die wichtigste. Darauf wird in der Studie nicht eingegangen. Eine Verunreinigung des in der Studie verwendeten Kreatins konnte daher nicht ausgeschlossen werden.
Ebenso hinterfragt wurde die Verwendung der größeren Menge an Glukose als Placebo. Es wäre seiner Meinung nach sinnvoller gewesen, beiden Testgruppen die gleiche Menge an Glukose zu verabreichen, anstatt diese in der Nicht-Kreatin-Gruppe während der Ladephase zu verdoppeln.
Reaktion der Studienautoren
Insbesondere die Frage nach der Reinheit des in der Studie verwendeten Kreatins wird von den Studienautoren klar beantwortet. Demnach wurde der Stoff durch Gaschromatografie- und Flüssigchromatografie mit Massenspektrometrie-Kopplung auf 25 unterschiedliche androgene (und verwandte) Stoffe und andere Stimulanzien getestet. Es gab bei einem unteren Limit von 10 ng/g keine Verunreinigungen.
Der Kritik nach unterschiedlichen Glukosemengen wird entgegengehalten, dass dies auch in anderen Studien ähnlich gehandhabt wird. Zudem wurden sowohl das Kreatin als auch die Glukose in Kapselform verabreicht. Dadurch, dass man allen Teilnehmern die gleiche Menge an Kapseln verabreicht hat, unterschieden sich die „Placebo“-Mengen.
Zusammenfassung
Die initiale Kritik an der Studie hauptsächlich in Hinblick auf mögliche Verunreinigungen gerechtfertigt. Die Antwort der Studienautoren liefert aber zumindest im Nachhinein gute Antworten auf die dringlichste Frage. Das verwendete Kreatinsupplement scheint dementsprechend keine anabol-androgenen Verunreinigungen aufgewiesen zu haben, sodass die Veränderungen des DHT-Spiegels nicht daran gelegen haben können.
Haarausfall durch DHT
Tatsächlich lässt sich aus diesen Ergebnissen einen indirekten Einfluss von Kreatin auf den Haarausfall schließen. Es ist bereits seit geraumer Zeit bekannt, dass DHT maßgeblich (mit-)verantwortlich für erblich bedingten Haarausfall ist. Die Haarwurzeln reagieren empfindlich auf das Hormon und bringen durch verkürzte Wachstumsphasen über einen längeren Zeitraum immer kürzere Haare hervor. Dementsprechend werden zur Behandlung von erblich bedingtem Haarausfall erfolgreich Steroid-5α-Reduktase-Inhibitoren wie z.B. Finasterid eingesetzt.
Aufgrund der Studienergebnisse liegt ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kreatin und Haarausfall somit nahe. Die in diversen Internetforen oftmals kund gegebenen Beobachtungen lassen sich damit jedenfalls argumentieren.
Das bedeutet aber wiederum nicht, dass jeder Kreatinnutzer Haarausfall fürchten muss, denn die DHT-Empfindlichkeit der Haarwurzeln ist individuell verschieden. Zumindest sollte man sich diese Zusammenhänge aber im Hinterkopf behalten und kann auch mit natürlichen Mitteln dem Haarausfall begegnen.
Zu guter Letzt sollte aber auch noch erwähnt werden, dass es sich hierbei um eine einzelne Studie handelt. In einer anderen Studie zu Kreatin-Malat[3] fehlen Kontrollgruppen und die DHT-Werte.
Quellen
- Three weeks of creatine monohydrate supplementation affects dihydrotestosterone to testosterone ratio in college-aged rugby players. van der Merwe J1, Brooks NE, Myburgh KH. Clin J Sport Med. 2009 Sep;19(5):399-404. doi: 10.1097/JSM.0b013e3181b8b52f. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19741313, abgerufen am 03.06.2018.
- Creatine Supplementation and DHT:T Ratio in Male Rugby Players. Clinical Journal of Sport Medicine: May 2010 – Volume 20 – Issue 3 – p 220 doi: 10.1097/JSM.0b013e3181df5cad. Green, Gary MD. URL: https://journals.lww.com/cjsportsmed/Citation/2010/05000/Creatine_Supplementation_and_DHT_T_Ratio_in_Male.13.aspx, abgerufen am 03.06.2018.
- Effect of creatine malate supplementation on physical performance, body composition and selected hormone levels in spinters and long-distance runners. Tyka AK, Chwastowski M, Cison T, Palka T, Tyka A, Szygula Z, Pilch W, Strzala M, Cepero M. Acta Physiol Hung. 2015 Mar;102(1):114-22. doi: 10.1556/APhysiol.102.2015.1.12. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25804393, abgerufen am 03.06.2018