6 Tipps für dein Krafttraining im Ramadan

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Einmal im Jahr fasten Muslime täglich für den gesamten Monat Ramadan. Dabei wird von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang unter anderem vollständig auf Essen und Trinken verzichtet. Es handelt sich somit um eine spezielle Form des intermittierenden Fastens.

Da sich der islamische Kalender nach dem Mond richtet, wandert der Ramadan jedes Jahr um etwa 11 Tage nach vorne. Damit durchläuft der Fastenmonat im Laufe der Zeit jede Jahreszeit. Somit ändert sich die Dauer des täglichen Fastens jährlich ein wenig. Besonders in den Sommermonaten ist die Fastenperiode in unseren Breitengraden mit bis zu 18 Stunden sehr lange. Mitunter ist die individuelle Zeitspanne sogar noch länger, je nachdem, wann und ob „Suhûr“, also die Mahlzeit vor der Morgendämmerung, eingenommen wird.

Heuer startet der Ramadan voraussichtlich am Abend des 10. März 2024 und geht höchstwahrscheinlich bis zum Abend des 9. April 2024.

Da fragen sich natürlich viele muslimische Kraft- und Leistungssportler, wie sie in dieser Zeit mit ihrem Training weitermachen sollen. Wir geben nachfolgend ein paar Tipps, wie der Muskelerhalt im Ramadan bestmöglich gelingt und welche Faktoren dazu wichtig sind.

Inhalt in Kürze zusammengefasst

  • Krafttraining im Ramadan ist möglich und sinnvoll – mit Beachtung einiger Punkte.
  • Muskelerhalt, nicht Muskelaufbau, steht im Vordergrund.
  • Trainiere weiter, aber reduziere die Trainings-Intensität (weniger Gewicht, geringeres Trainingsvolumen, längere Satzpausen).
  • Training sollte nach Sonnenuntergang stattfinden, nachdem du Wasser getrunken und deinen Durst gelöscht hast.
  • Achte auf deine Eiweißaufnahme, um die Muskelmasse zu erhalten.
  • Schlafe ausreichend viel. Zu wenig Schlaf lässt die Muskelmasse schrumpfen.

Passe deine Trainingsziele an

Du hast das Stichwort bereits im vorigen Satz gelesen: Muskelerhalt.

Im Ramadan ist es sinnvoll und wichtig, die eigenen Trainingsziele anzupassen. Aufgrund der besonderen Situation solltest du den Muskelaufbau vorerst nicht mehr zum Ziel haben. Denn dafür brauchst du mehr Zeit zum Trainieren, mehr Zeit zum Schlafen und mehr Zeit zum Essen.

Alle drei Dinge sind im Ramadan meist relativ knapp bemessen, insbesondere weil das Fastenbrechen üblicherweise auch im Familien- und Freundeskreis stattfindet und mitunter deutlich länger dauert, als sich nur schnell einen Shake reinzuziehen.

Eine Studie konnte außerdem zeigen, dass ein kurzfristiges Kaloriendefizit die Muskelproteinsynthese reduziert[1]. Damit ist die Fähigkeit weiter Muskelmasse aufzubauen zumindest reduziert.

Daher sollte dein Trainingsziel im Ramadan der Muskelerhalt sein. Mach dir bereits vor dem Fastenmonat bewusst, dass der weitere Aufbau, zumindest für die rund vierwöchige Fastenzeit, pausiert ist. Wichtig ist jetzt, die bereits antrainierten Muskeln zu behalten.

Wundere dich aber nicht, wenn dieses Ziel nicht 100%ig erreichbar ist. Es kann durchaus passieren, dass dein Trainingsgewicht in verschiedenen Übungen im Laufe der Fastenzeit runtergeht. Das ist kein Grund zur Panik – den Verlust wirst du nach dem Ramadan wieder einarbeiten.

Trainiere weiter und passe deinen Trainingsplan an

Jetzt stellst du dir vielleicht die Frage, wieso du in dieser Zeit überhaupt trainieren sollst, wenn sich die Muskelmasse vielleicht sogar trotzdem reduziert.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass in einer vierwöchigen Fasten-Pause die Kraft noch stärker zurückgeht, als wenn man weitertrainiert. Und besonders bitter: manche Sportler schaffen den Wiedereinstieg aus Motivationsmangel oder Frust vor der verlorenen Muskelmasse nicht wieder.

Die beste Möglichkeit nicht aus der Trainingsroutine zu fallen, ist es weiterzutrainieren. Deinen Trainingsplan wirst du in dieser Zeit entsprechend adaptieren müssen.

Sinnvoll ist es, die Intensität zu reduzieren. Das bedeutet: Nimm leichtere Gewichte, reduziere das Trainingsvolumen trotzdem ein wenig und mach längere Satzpausen. Das Hauptziel in dieser Zeit lautet: Trainingsreiz setzen, aber es nicht zu übertreiben.

Verleg deine Trainingszeit nach hinten

Trainiere besser erst nach Sonnenuntergang.

Viele Ramadan-Ratgeber zum Muskelaufbau enthalten den Tipp, dass du dein Training am besten so verlegen sollst, dass du das Training genau zum Fastenbrechen beenden kannst. Also Trainieren und direkt danach Wasser oder Proteinshake trinken.

Das ist zwar ein zeitlich effizienter Ratschlag, um möglichst wenig Zeit nach dem Fastenbrechen zu verlieren, aber kein guter Tipp in Hinblick auf dein Energie- und Hydrationsniveau. Selbst wenn du am Ende des Tages nicht (mehr) durstig bist, Krafttraining ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist problematisch (siehe auch nächsten Punkt).

Es ist daher sinnvoll, die Trainingszeit nach hinten zu verlegen – wenn es zeitlich möglich ist. Natürlich solltest du nicht direkt nach dem Fastenbrechen mit vollem Bauch ins Fitnessstudio gehen, aber mit frischer Energie und Wasser getankt, trainiert es sich leichter, erfolgreicher und gesünder.

Trinke ausreichend Wasser

Es liegt auf der Hand und dennoch kann man es gar nicht oft genug sagen: Trinke genügend Wasser.

Täglich sollten Erwachsene laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung rund 1,4 Liter Wasser trinken[2]. Andere Empfehlungen sprechen auch von 2 bis 3 Litern täglich. Einig sind sich die allermeisten Experten, dass es für Erwachsene nicht unter 1 Liter täglich sein sollten.

Ohne Wasser geht’s nicht.

In jedem Fall ist es wichtig, dass du zwischen Sonnenuntergang und Morgendämmerung genügend Wasser trinkst. Insbesondere wenn du Sport treibst und schwitzt, ist es wichtig den Wasserbedarf zu decken.

Aber nicht nur aus gesundheitlichen Gründen ist das empfehlenswert, auch für das Training ist ein gutes Hydrationsniveau wichtig. Verschiedene Studien[3] haben gezeigt, dass sich Dehydration negativ auf die Leistungsfähigkeit im Krafttraining auswirkt.

Schon eine verhältnismäßig geringe Dehydration wirkt sich demnach sofort nachteilig auf die Trainingsleistung aus: In einer Untersuchung lag die Wiederholungszahl um 1 bis 2 pro Übung niedriger[4]. Die wahrgenommene Anstrengung lag dennoch höher als bei den hydrierten Sportlern.

Kurz gesagt: In einem dehydrierten Stadium trainieren zu gehen, ist weder empfehlenswert noch sinnvoll. Dementsprechend solltest du dein Krafttraining auf die Zeit nach dem Fastenbrechen verschieben und nicht so legen, dass du zum Fastenbrechen mit dem Training fertig wirst (siehe vorigen Tipp).

Versuche deinen Eiweißbedarf zu decken

Ein Proteinshake nach dem Training kann helfen den Tagesbedarf zu decken.

Den Eiweißbedarf zu decken, liegt ebenso auf der Hand, wie genügend Wasser zu trinken. Weiter oben haben wir erwähnt, dass die Muskelproteinsynthese schon durch kurzfristige Kalorienrestriktion reduziert wird.

Dieser Prozess hat aber auch eine andere Seite: Die Muskelproteinsynthese lässt sich nach so einer Phase durch Krafttraining und Proteinzufuhr wieder steigern[5].

Die Kombination aus Krafttraining und Proteinzufuhr kann dir also dabei helfen, deine Muskelmasse zu erhalten. Versuche dies in deiner Ernährung während des Ramadans zu berücksichtigen. Ein Protein-Shake nach dem Training kann dementsprechend hilfreich sein.

Schlafe ausreichend viel

Kommen wir zur wohl am schwierigsten zu folgenden Empfehlung: Schlafe ausreichend viel. Bekanntermaßen regenerieren und wachsen Muskeln während der Ruhephase und im Schlaf.

In einer Studie aus dem Jahr 2010 konnte gezeigt werden, dass Kalorienrestriktion und Schlafdefizit dazu führen, dass mehr Muskelmasse verloren geht[6]. Eine andere 2018er-Studie fand Hinweise darauf, dass bereits eine schlaflose Nacht den Muskelabbau fördert[7].

Zur größten Herausforderung wird ausreichender Schlaf im Ramadan sicherlich in den Sommermonaten. Denn da geht die Sonne spät unter und die Morgendämmerung fängt bereits früh an. In einer solchen Zeit lässt sich vermutlich nicht alles „sauber“ unter einen Hut bringen. Versuche dennoch eine Balance zu finden, die es dir erlaubt halbwegs lange zu schlafen. Klappt das nicht, kann schon ein kurzes, 20 minütiges Nickerchen dabei helfen, deine Leistungsfähigkeit zu steigern.

Zusammengefasst: Adaptieren und Weitertrainieren

Krafttraining im Ramadan ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Unverändert weiterzutrainieren, als ob man nicht fasten würde, ist fast unmöglich. Dementsprechend solltest du dir dieser Tatsache schon vorab bewusst sein.

Die zuvor genannten Tipps bieten dir eine Hilfestellung, worauf du während des Fastenmonats achten solltest. Es ist jedoch auch klar, dass sich nicht alle Punkte kompromisslos unter einen Hut bringen lassen. Genügend zu essen, trinken, schlafen und trainieren in einer besonders kurzen Zeitspanne im Sommer sind nicht ganz ohne Abstriche möglich.

So fällt der Schlaf vielleicht kürzer aus, als er es sollte, oder das Training fällt vielleicht doch mal aus, weil es sich nicht ausgeht. Daran führt bei den allermeisten muslimischen Kraftsportlern im Ramadan kein Weg vorbei. Das ist kein Weltuntergang.

Es ist aber wichtig, dass du versuchst die Routine im Ramadan zumindest in angepasster Form beizubehalten. Wenn du den weg ins Fitnessstudio nicht schaffst, dann weiche auf Eigengewichtsübungen wie z.B. Liegestütze oder Kniebeugen ohne Zusatzgewicht aus. Ein kleiner Trainingsreiz ist besser als keiner.

Quellen

  1. Acute Energy Deprivation Affects Skeletal Muscle Protein Synthesis and Associated Intracellular Signaling Proteins in Physically Active Adults. Stefan M. Pasiakos, Lisa M. Vislocky, John W. Carbone, Nicholas Altieri, Karen Konopelski, Hedley C. Freake, Jeffrey M. Anderson, Arny A. Ferrando, Robert R. Wolfe, Nancy R. Rodriguez. 2010. The Journal of Nutrition, Volume 140, Issue 4, April 2010, Pages 745–751, https://doi.org/10.3945/jn.109.118372
  2. Wasser. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. 2010. URL: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/wasser/, abgerufen am 21.11.2021
  3. Effect of hydration state on strength, power, and resistance exercise performance. Judelson DA, Maresh CM, Farrell MJ, Yamamoto LM, Armstrong LE, Kraemer WJ, Volek JS, Spiering BA, Casa DJ, Anderson JM.  Med Sci Sports Exerc. 2007 Oct;39(10):1817-24. doi: 10.1249/mss.0b013e3180de5f22. PMID: 17909410.
  4. Impact of dehydration on a full body resistance exercise protocol. Kraft JA, Green JM, Bishop PA, Richardson MT, Neggers YH, Leeper JD.  Eur J Appl Physiol. 2010 May;109(2):259-67. doi: 10.1007/s00421-009-1348-3. Epub 2010 Jan 12. PMID: 20066432.
  5. Reduced resting skeletal muscle protein synthesis is rescued by resistance exercise and protein ingestion following short-term energy deficit. Areta JL, Burke LM, Camera DM, West DW, Crawshay S, Moore DR, Stellingwerff T, Phillips SM, Hawley JA, Coffey VG. 2014. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2014 Apr 15;306(8):E989-97. doi: 10.1152/ajpendo.00590.2013. Epub 2014 Mar 4. PMID: 24595305.
  6. Insufficient sleep undermines dietary efforts to reduce adiposity. Nedeltcheva AV, Kilkus JM, Imperial J, Schoeller DA, Penev PD. Ann Intern Med. 2010 Oct 5;153(7):435-41. doi: 10.7326/0003-4819-153-7-201010050-00006. PMID: 20921542; PMCID: PMC2951287.
  7. Acute sleep loss results in tissue-specific alterations in genome-wide DNA methylation state and metabolic fuel utilization in humans. Cedernaes J, Schönke M, Westholm JO, Mi J, Chibalin A, Voisin S, Osler M, Vogel H, Hörnaeus K, Dickson SL, Lind SB, Bergquist J, Schiöth HB, Zierath JR, Benedict C.  Sci Adv. 2018 Aug 22;4(8):eaar8590. doi: 10.1126/sciadv.aar8590. PMID: 30140739; PMCID: PMC6105229.

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