Niedrige Trainingsgewichte lassen Muskeln ebenfalls wachsen

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Go hard or go home – (sinngemäß auf Deutsch: Geh aufs Ganze oder geh nach Hause) – ist ein bekanntes Sprichwort in der Bodybuilding-Szene. Besonders Einsteiger verbinden damit das Heben schwerer Gewichte bis nichts mehr geht. Aber ist das auch wirklich nötig, oder klingt es einfach nur gut?

Eine Meta-Studie aus den USA hat sich dieser Frage angenommen und untersucht, ob schwere Gewichte wirklich nötig sind, um die Muskeln zum Wachstum anzuregen[1], oder ob auch leichte Gewichte zum Muskelaufbau geeignet sind.

Inhalt in Kürze zusammengefasst

  • Eine Meta-Analyse prüft den Effekt leichter und schwerer Trainingsgewichte auf Muskelwachstum und Kraft.
  • Niedrige Belastungen (<60 % 1 RM) und hohe Belastungen (>65 % 1 RM) wurden verglichen.
  • Schweres Gewichtheben steigert Kraft und fördert Muskelaufbau stärker.
  • Niedrigeres Trainingsgewicht mit gleichem Volumen hat ebenfalls einen positiv messbaren Einfluss auf das Muskelwachstum, weniger auf die Maximalkraft.
  • Kombination aus leichten und schweren Gewichten könnte vorteilhaft sein, um Typ 1 und Typ 2 Muskelfasern anzusprechen.

Das wurde analysiert

In der Analyse wurden zunächst 846 Studien im Screening identifiziert, wovon am Ende 10 Studien den Inklusionskriterien der Forscher entsprochen haben.

Geprüft wurden die Auswirkungen von Krafttraining mit niedriger Belastung (kleiner als 60 Prozent des Wiederholungsgewichts der Maximalkraft [1 RM]) im Vergleich zum Training mit hoher Belastung (definiert als mehr als 65 Prozent des Wiederholungsgewichts der Maximalkraft) bei untrainierten Personen.

Der Fokus lag dabei auf zwei Parametern: Kraft und Muskel-Hypertrophie (Muskelaufbau). In der Kraft-Analyse waren 251 Probanden in 20 Gruppen in 9 Studien ein Teil der Untersuchungen. In der Muskelaufbau-Analyse waren es 191 Personen in 17 Gruppen, aufgeteilt auf 8 Studien.

Leichte vs. schwere Gewichte

Das Ergebnis beider Analysen war im Kern ähnlich: Schweres Gewichtheben bietet Vorteile sowohl beim Steigern der Kraft, als auch tendenziell beim Muskelwachstum. Allerdings – und das war bis zu dieser Meta-Untersuchung ein beliebter Streitpunkt – kann auch Krafttraining mit niedrigen Gewichten Steigerungen in Kraft und Muskel-Hypertrophie bringen.

Was die Kraft-Steigerung angeht, zeigt die Analyse einen klareren Vorteil für schwere Gewichte. Das bedeutet, dass schweres Krafttraining die Maximalkraft effektiver steigert.

Beim Muskelaufbau war das Bild allerdings weniger deutlich. Zwar zeigte sich auch hier, dass hohes Trainingsgewicht tendenziell ein stärkeres Muskelwachstum begünstigt, allerdings war der Effekt bei niedrigen Gewichten ebenfalls deutlich ausgeprägt. Die Forscher stellen in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob das Muskelwachstum vom Muskelfasertyp beeinflusst wird.

Erkenntnisse für die Praxis

Bezugnehmend auf eine andere Studie wird darauf hingewiesen, dass niedrige Belastungen eher zu einer Aktivierung der Typ 1 Fasern und hohe Belastungen die Typ 2 Fasern stärker aktivieren[2]. Wobei diese Aufteilung in anderen Studien nicht reproduziert werden konnte.

Im Trend zeigen hohe Trainingsgewichte zwar entsprechend der weitläufigen Meinung tatsächlich Vorteile in Kraft-Steigerung und Muskelaufbau. Aber auch niedrigere Gewichte können den Muskelaufbau fördern.

Für den praktischen Trainingsalltag empfehlen die Studienautoren eine mögliche Kombination von schwerem und leichtem Training, um ein optimales Ansprechen der Typ 1 und Typ 2 Muskelfasern zu erreichen.

In dem Zusammenhang ist abschließend noch erwähnenswert, dass leichte Trainingsgewichte nicht bedeuten, dass man sich nicht anstrengen muss. Um die Muskeln zum Wachstum zu bewegen, muss das Trainingsvolumen (ergibt sich aus: Trainingsgewicht x Wiederholungen x Satzanzahl) dennoch ausreichend hoch sein. Das bedeutet, dass niedrige Gewichte öfter bewegt werden müssen und man dennoch knapp bis zum Muskelversagen trainieren sollte, um einen positiven Effekt auf das Muskelwachstum zu erzielen.

Quellen

  1. Muscular adaptations in low- versus high-load resistance training: A meta-analysis. Schoenfeld BJ, Wilson JM, Lowery RP, Krieger JW. Eur J Sport Sci. 2016;16(1):1-10. doi: 10.1080/17461391.2014.989922. Epub 2014 Dec 20. PMID: 25530577.
  2. Resistance exercise load does not determine training-mediated hypertrophic gains in young men. Mitchell CJ, Churchward-Venne TA, West DW, et al. J Appl Physiol (1985). 2012;113(1):71-77. doi:10.1152/japplphysiol.00307.2012